Bei mir wurde eine Parodontose festgestellt. Kann man diese Krankheit heilen oder sich davor schützen und kann ich Implantate bekommen?
Die für diese Krankheit volkstümliche Bezeichnung Parodontose wird in der Fachsprache mit dem Begriff Parodontitis beschrieben. Es ist dies eine bakterielle Erkrankung des Zahnhalteapparates (Zahnfleisch, Wurzelhaut und Knochen), die sehr weit verbreitet ist und unbehandelt sicher zum totalen Zahnverlust führt. Das Risiko zu erkranken liegt einmal in Anwesenheit verschiedener Bakterienstämme und in einer vererbten Komponente. Die Bakterienstämme erwirbt man durch Kontakt schon ab dem Säuglingsalter. Wie dann später der Zahnhalteapparat auf diese Bakterien reagiert, hängt von bestimmten Erbfaktoren ab. Anders ausgedrückt, spielt sowohl die unterschiedliche Aggressivität der Bakterienstämme und deren Anzahl eine Rolle, als auch die ebenso verschiedene "Reaktion" des den Zahn umgebenden Gewebes. Am gefährlichsten ist damit die Konstellation, bei der sehr aggressive Bakterien in großer Zahl auf ein aus genetischen Gründen wenig widerstandsfähiges Gewebe treffen.
Die Krankheit beginnt immer mit einer Entzündung des Zahnfleischs (Gingivitis), was sich unter anderem mit Blutung bei Berührung äußert. Unbehandelt führt die Zahnfleischentzündung in vielen Fällen zur Parodontitis. Diese Situation ist deshalb gefährlich, da die Bakterien vom Zahnfleischrand in die Tiefe gewandert sind und die Blutung bei Berührung deshalb ausbleibt. Meistens treten in diesem Stadium keine Schmerzen auf, so dass die Krankheit unbemerkt fortschreiten kann mit den Symptomen der optischen Zahnverlängerung (Zahnfleischrückgang), der Zahnlockerung bis hin zu dem oben erwähnten totalen Zahnverlust. Das ist aber nur die lokale Wirkung der Parodontitisbakterien. Jüngere wissenschaftliche Untersuchungen haben einen Zusammenhang dieser Erreger mit entzündlichen Prozessen im Herz-Kreislaufsystem festgestellt („Gefäßverkalkung“, Herzinfarkt).
Schicksalhaft ist die Parodontitis jedoch nicht. Regelmäßige zahnärztliche Kontrollen vom Kindesalter an minimieren das Risiko. Gründliche häusliche Mundhygiene (richtige Putztechnik, "fädeln" mit Zahnseide) unterstützt durch so genannte professionelle Zahnreinigungen durch das zahnärztliche Fachpersonal sind unabdingbar.
Hat sich eine Zahnfleischentzündung oder der Beginn einer Parodontitis etabliert, ist diese durch das zahnärztliche Team relativ leicht zu behandeln. Einer fortgeschrittenen Parodontitis kann anfangs noch mit einer kleinen operativen Maßnahme, der so genannten „geschlossenen Kürettage“ begegnet werden. Dabei werden durch den Zahnfleischrand mit geeigneten Instrumenten die Bakterien und tiefer Zahnstein entfernt. Ist die Erkrankung weiter fortgeschritten wird das den Zahn umgebende entzündete Gewebe operativ und unter Sicht entfernt. Ist der Knochenverlust weiter fortgeschritten, können mit Knochen aufbauenden Verfahren bestimmte Teile desselben wieder hergestellt werden. In diesem Fall ist der operative Aufwand schon ein wenig höher. Dazu muss es aber, wie oben dargestellt, gar nicht erst kommen. Aber auch im fortgeschrittenen Stadium ist die Erkrankung zu beherrschen. Dann kann und darf auch implantiert werden. Fragen Sie einen Fachmann oder eine Fachfrau!
Dr. Rainer Littinski