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Vermeidung von Würgereizen und perfekter Prothesensitz dank der Locator®-Abutments

Im Oberkiefer resultiert aus Zahnverlust eine zentripetale Resorptionsrichtung. Durch die Form des Unterkiefers, der im Querschnitt eine nach kaudal ausladende Form aufweist, resultiert eine zentrifugale Resorptionsrichtung. Die heute verwendeten Einteilungen in Resorptionsklassen (RKL 1-6) wurden von Atwood für den Unterkiefer im Front- und Seitenzahnbereich sowie von Fallschlüssel (RKL1-5) für den Oberkiefer im Front- und Seitenzahnbereich definiert.

Als Konsequenz resultiert eine ungünstige Kieferrelation in sagittaler und vertikaler Dimension. Durch die Atrophie nach Zahnverlust verändert sich zunehmend das Gesichtsprofil. Bei einer Insertion von Implantaten, besonders im posterioren Bereich der Mandibula, kommt es durch die zentrifugale Resorptionsrichtung zwangsläufig zu einer Achsendivergenz der Implantate zueinander. Bei der Verwendung von Locator® als Verankerungssystem für implantatfixierte Hybridprothesen ist es möglich, eine Winkelkorrektur von zwei divergierenden Implantaten von bis zu 40° auszugleichen. Die Wahl der Höhe des Locator®-Sekundärteils erfolgt über die Bestimmung der Gingivahöhe. Das Sekundärteil sollte die Gingiva leicht überragen. Für alle Lifecore Implantate stehen Sekundärteile unterschiedlicher Höhe (<6 mm) zur Verfügung. Zur Überprüfung von Winkeldifferenzen der in die Implantate geschraubten Locator®-Sekundärteile im Mund werden Parallelpfosten auf die Sekundärteile aufgesteckt.

Mit Hilfe der Locator® Winkelmesshilfe kann anschließend die jeweilige Winkeldifferenz der Sekundärteile zueinander festgestellt werden. Dazu wird die Winkelmesshilfe hinter die aufgesteckten Parallelpfosten gehalten und der Winkel je Sekundärteil bestimmt. Mittels der bestimmten Winkeldifferenz werden die geeigneten Locator®-Retentionseinsätze (Farbcodierung) ausgesucht. Um einem Patienten ein einfaches, handliches und sicheres Eingliedern seiner mittels selbstausrichtender Locator® verankerten Prothese zu ermöglichen, darf die Einschubrichtung der einzelnen Sekundärteile je Kiefer nur eine Winkeldifferenz von bis zu je Sekundärteil, bei zwei Sekundärteilen bis zu 20°, betragen. Bei der Insertion einer Prothese auf mehreren Sekundärteilen in einem Kiefer empfiehlt sich die Verwendung von Locator®-Retentionseinsätzen mit leichter Retentionskraft (pink) oder extra leichter Retentionskraft (blau). Bei Winkeldifferenzen von mehr als 10-20° (bei zwei Sekundärteilen bis zu 40°) können die Retentionseinsätze für die erweiterte Angulation mit normaler Retentionskraft (grün) oder mit extra leichter Retentionskraft (rot) verwendet werden.


Fallbeschreibung 1

Bei einem 67-jährigen Patienten wurden alio loco im Oberkiefer eine Totalprothese und im Unterkiefer eine Teleskop-Prothese auf den Zähnen 33 und 43 angefertigt. Aufgrund eines bestehenden extremen Würgereizes kam es für den Patienten zu einer totalen Prothesenintoleranz im Oberkiefer. Dieses führte dazu, dass die Oberkiefer-Totalprothese hauptsächlich in der Hosentasche des Patienten getragen wurde. Aufgrund dieser misslichen, für den Patienten inakzeptablen Situation entschieden wir uns für die Insertion von 4 Lifecore-Implantaten. Diese sollten den späteren Zahnersatz tragen. Die allgemeine und spezielle Anamnese ergaben, dass der Patient im Jahr 2003 einen Schlaganfall erlitten hatte. Dank guter Reha-Maßnahmen beeinträchtigte den Patienten lediglich noch eine geringfügige Einschränkung der feinmotorischen Steuerung der linken Hand sowie leichte Sensibilitätsstörungen.

Abb. 1: inserierte Lifecore Implantate Stage-1

Nach interdisziplinärer Abklärung mit dem behandelnden Internisten zur Medikation und operativen Risiken folgte die Planungsphase. Um antizipativ die exakte Position der Implantate aufzuzeigen, nutzten wir die vorhandene Prothese, dublierten diese und erstellten so eine Bohrschablone zur Ausrichtung und strategischen Verteilung der Lifecore Stage-1 Implantate im Oberkiefer. Beabsichtigt war die Schaffung eines möglichst großen polygonalen Abstützungsfeldes für die Prothese. Da ausreichend attached Gingiva vorhanden war und um den operativen Eingriff für den Patienten so minimalinvasiv wie möglich zu gestalten, inserierten wir in lokaler Anästhesie transgingival in der Regio 3 und 5 je ein Lifecore Stage-1 Implantat, 4,1 mm Durchmesser, Länge 10 mm (Abb. 1).

Abb. 2: verschraubte Locator Abutments

Diese ließen wir 10 Wochen einheilen. Nach Abschluss der Einheilphase verschraubten wir 4 Locator® auf den Implantaten (Abb. 2). Um die statischen Fehler der "alten" Prothese nicht weiter zu verfolgen, entschieden wir uns für eine Neuanfertigung der Oberkieferprothese.

Diese konnte aufgrund des polygonalen Abstützungsfeldes von der Basis her sehr stark reduziert werden und weitestgehend gaumenfrei in einer Hufeisenform gestaltet werden (Abb. 3, 4). Des Weiteren wurden die Zahnreihen nur bis einschließlich des ersten Molars ersetzt, so dass die Oberkiefer Tuber ebenfalls nicht von der Prothese bedeckt wurden.

Prothesenbasis
Abb. 3: Prothesenbasis mit Locatorkomponenten
Prothese
Abb. 4: inserierte OK-Prothese

Es wurde mit nur 4 Locator® ein optimaler, perfekter Prothesenhalt und Sitz erzeugt. Der für den Patienten unangenehme Würgereiz trat somit nicht mehr auf. So konnte für den Patient ein Stück Lebensqualität über das nunmehr sichere Auftreten in seiner sozialen Umgebung zurück gewonnen werden.


Fallbeschreibung 2

zahnloser Unterkiefer
Abb. 5: zahnloser Unterkiefer

Bei einem 60-jährigen Patienten bestand der Wunsch nach einer festen Verankerung der Unterkieferprothese. Der Patient war vor einigen Jahren alio loco im Oberkiefer und Unterkiefer mit einer Teleskop-Prothese auf den Zähnen 13, 23 und 33, 43 versorgt worden. Aus dem Verlust der Zähne 33 und 43 resultierte eine Totalprothese im Unterkiefer (Abb. 5).

Bohrschablone
Abb. 6: Bohrschablone gestanzt

Die allgemeine und spezielle Anamnese ergaben, dass keine Allgemeinerkrankungen vorlagen. Nach umfangreicher Beratung und Diagnostik entschieden wir uns für die Insertion von 4 Lifecore Stage-1 Implantaten. Zur Fixierung der Hybridprothese sollte das Locator® -Verankerungssystem verwandt werden. In unserem Konzept der antizipativen Planung dublierten wir die vorhandene Prothese. Eine Kopie aus klarem Kunststoff diente uns als Bohrschablone (Abb. 6). So konnte bereits in der Planungsphase die exakte Position der Implantate im Unterkiefer auf dem Modell für die spätere Prothese bestimmt werden. Dieses verdeutlichte zudem die statischen Fehler in der vorhandenen Aufstellung.

Implantate
Abb. 7: Implantate

Der Focus lag auf der Schaffung eines möglichst großen polygonalen Abstützungsfeldes für die Prothese. Da ausreichend attached Gingiva vorhanden war und um den operativen Eingriff für den Patienten so minimalinvasiv wie möglich zu gestalten, inserierten wir in lokaler Anästhesie transgingival in der Regio 3 und 6 je ein Lifecore Stage-1 Implantat, 4,1 mm Durchmesser, Länge 12 mm (Abb. 7). Nach einer Einheilungsphase von 8 Wochen erfolgte die Versorgung.

Zum Abschluss der Einheilphase erfolgte die Neuanfertigung der Unterkieferprothese. Da die Implantate transgingival eingeheilt waren, tauschten wir die Verschlusskappen aus und verschraubten 4 Locator® mit einer Aufbauhöhe von 1 mm auf den Implantaten (Abb. 8, 9).

Locator Ratsche
Abb. 8: Locator Ratsche 20Ncm
Locator
Abb. 9: Locator

Die Verfahren

Locator Parallelpfosten
Abb. 10: Locator Parallelpfosten

Die Sekundärteile werden mit dem Eindrehwerkzeug in die Implantate eingeschraubt und mit einem Drehmomentaufsatz mit 20 Ncm festgezogen. Zur Überprüfung von Winkeldifferenzen werden die Parallelpfosten auf die Sekundärteile aufgesteckt (Abb. 10).


Messlehre
Abb. 11: Messlehre

Mit Hilfe der Winkelmesshilfe kann anschließend die jeweilige Winkeldifferenz der Sekundärteile untereinander festgestellt werden. Dazu wird die Winkelmesshilfe hinter die aufgesteckten Parallelpfosten gehalten und der Winkel pro Sekundärteil abgelesen (Abb. 11). Mittels der festgehaltenen Winkeldifferenz werden die geeigneten Nylon-Retentionseinsätze (Farbcode) ausgesucht.


Direktes Verfahren

Locator Abstandsringe
Abb. 12: Locator Abstandsringe

Zur Umarbeitung einer bestehenden Totalprothese im Mund des Patienten kann der Behandler wie folgt verfahren: Auf die Sekundärteile wird je ein weißer Abstandsring aus Gummi aufgesteckt (Abb. 12). Der Abstandsring verhindert das Einfließen von Kunststoff in den Bereich unterhalb des Matrizengehäuses. Die Matrizengehäuse mit schwarzer Verarbeitungskappe werden fest auf die Sekundärteile gesteckt. Ein exakter Sitz ist sehr wichtig! Anschließend wird die Totalprothese beim direkten Verfahren im Mund in den Bereichen der Matrizengehäuse hohlgeschliffen. Die Prothese wird in den Mund eingesetzt und die Passung überprüft. Dabei sollten die auf den Sekundärteilen fixierten Matrizengehäuse die Prothese nicht berühren oder gar über diese schaukeln.


Matrize
Abb. 13: Matrize einpolymerisiert

Es folgt das Einpolymerisieren der Matrizengehäuse in die Totalprothese. Dazu werden die Matrizenaussparungen von basal mit etwas kaltpolymerisierendem Prothesenkunststoff gefüllt und die Totalprothese im Mund platziert. Nach dem Aushärten des Kunststoffs wird die Prothese aus dem Mund genommen und die weißen Abstandsringe und eventuelle Kunststoffüberschüsse entfernt. Die Matrizen sind nun in der Totalprothese verankert (Abb. 13).


neues Insert
Abb. 14: neues Insert

Nach dem Ausarbeiten der Prothesenbasis werden die schwarzen Prozesseinsätze durch entsprechende, zuvor ausgewählte (s. o). Retentionseinsätze mit dem Locator®-Instrument ausgewechselt (Abb. 14).


Abschließend wird die fertige Totalprothese eingesetzt und die Okklusion überprüft (Abb. 15, 16). Auch in diesem Fall konnte über das Druckknopf-Prinzip des Locators® ein optimaler, perfekter Prothesenhalt und Sitz für den Patienten erzielt werden.

inserierte UK Prothese
Abb. 15: inserierte UK Prothese
Frontalansicht
Abb. 16: Frontalansicht

Ist die Retention der Nyloninserts eventuell zu stark, zu schwach oder nach einigen Jahren verschlissen, so kann mit dem Locator®-Instrument das jeweilige Insert leicht ausgewechselt werden. Das neue Locator®-Instrument ermöglicht sogar einen Austausch ohne Beschädigung des Inserts. Ist das manuelle Geschick eines Patienten nicht sehr groß oder sogar stark eingeschränkt, so kann ein einfacher Insertaustausch das Handling der Prothese für den Patienten erleichtern.

Dr. med. dent. Volker Koppitsch M.Sc.